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V.A. - Geräusche für die Neunziger

(What So Funny About)

Klappe - 1. Teil: Tiefflieger, Hundegekläff, splitternde Scheiben, Küsse, klatschende Schlagstöcke, zischendes Bier, Orgasmen, Hubschrauber, Sirenengeheul, Straßenmusik, Schrottpressen, Politikerreden, Schreie, Kinderlachen, Computerfiepen, Weinen, Raketenstarts, Blockflöten - Geräusche für die Neunziger!

Klappe - 2. Teil: “Geräusche für die Neunziger” nennt sich ein Compilation-Doppelalbum, das von Alfred Hilsberg zusammengestellt wurde und 28 verschiedene Bands präsentiert. Alfred Hilsberg ist der große Übervater, der Babarossa der deutschen Szene. Seit über 20 Jahren in der Szene aktiv, gründete er Ende der siebziger Jahre sein legendäres Zick-Zack-Label, auf dem fast alle wichtigen Bands der Früh-NDW-Ära erschienen; er sollte also euer Guru sein.

Hilsberg hat sich für dieses Unternehmen hier über 300 Demo-Tapes reingezogen und danach ganz subjektiv seine persönliche Zusammenstellung von meist bisher unveröffentlichten Titeln getroffen. Dies ist also keine übergreifende Best-of-Deutschland-LP, sondern ein gangbarer Weg, sich aktuellen deutschen Bands und Projekten zu nähern. Hilsberg behielt dabei das gesamte Spektrum im Blick; hier findet man die eigenbrötlerischen Gitarrenbands (Die Erde, Kolossale Jugend) ebenso wie Punk (Nagorny Karabach), Techno-Grooves (KMFDM), Dancestuff (Westbam), Metall (Daisy Chain) wie auch Trash (Speednigs) und Songwriting (Flowerpornoes). Für die sich kritisch mit deutscher Rockmusik auseinandersetzenden Linernotes sorgte übrigens SPEX-Autor Diedrich Diederichsen. Wer also wissen und hören will, was derzeit musikalisch im Westen Deutschlands so passiert, berkommt hier einen ganz gültigen Überblick geliefert.

Als Schlußsequenz für euch zum sich selbst befragenden, kritischen Nachdenken einige Gedanken aus dem Diederichsen-Text: “Die Geschichte einer mißlungenen selbstauferlegten Amerikanisierung und Anglifizierung als spezifisches Merkmal des bundesrepublikanischen Underground kann nur noch gesteigert werden, durch das Einbeziehen der noch viel mißlungeneren, und nie dieser Mißlungenheit und ihrer Vorurteile bewußt gewesenen Aneignungsversuche des DDR-Underground.” So, nun wisst ihr Bescheid!

Ronald Galenza  Oktober 1990   MESSITSCH 5/90    S.32