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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       FEELING Feeling B – He ha ho ha

(Amiga)

 

Welch ein Witz! Schon 13 Jahre nach Punk in England liefert AMIGA nun die erste Punk-LP der DDR aus. Und da läßt Amiga-Chef Büttner per Presseinfo verkünden, daß aus diesem Bereich der jungen Bands die wesentlich innovativeren Angebote kommen! Deshalb wolle man 1990 bis ca. August monatlich je eine LP dieser Gruppen veröffentlichen. Das ist übrigens der Mann, der jahrelang genau diese Bands immer wieder weggedrückt und brüsk abgewiesen hat. Aber die Kreativität dieser Bands läßt sich nicht vereinnahmen; die ist vollkommen außerhalb von Amiga entstanden.

Zur Feeling B-Platte: Vielleicht ist es Zufall oder nicht, jedenfalls veröffentlicht Feeling B, eine der dienstältesten hiesigen Bands dieses Genres, die erste LP. Das heißt aber auch, Stil und Gestus dieser Musik sind lange nicht mehr frisch, international belagern tausende solcher Scheiben die Plattenregale. Diese Rille hätte Mitte der Achtziger besser gepaßt, einige Titel kenne ich schon aus dieser Zeit. Ist das nun die Konsequenz oder Zähigkeit der Gruppe? Feeling B galt ja nie als besonders fleißig, man beschied sich mit einem schmalen Repertoire.

Zu loben ist jedoch, daß die Band versucht hat, ihr Material zu beleben und zu bereichern. Das geschieht einerseits durch den Frische und Farbe einspielenden Sampler Bo Müllers, andererseits durch die wirklich spaßig-schrillen Bläser der Bolschewistischen Kurkapelle. So entsteht hier derber Orchester-Punk! Feeling B pocht an die Knochen mit ihren brachialen, unbehauenen Songs, ihr Sound produziert angenehmes Sodbrennen. Sie klotzen und meißeln dem Hörer ihre Gassenhauer ins Ohr. Dabei benutzen sie alle gesicherten Werte von Punk-Rock: Hauruck-Gitarren, lärmende Mitgröhl-Refrains, Spielzeug-Keyboards und wummernde Trommeln.

 

Manche Titel wirken aber zäh und gleichförmig, z.B. „Am Horizont“ oder „Du wirst den Gipfel nie erreichen“. Natürlich fehlen die typischen Feeling B-Klassiker nicht wie „Mix mir einen Drink“, „Wir wollen immer artig sein“ und „Geh zurück in dein Buch“. Dieses Debüt scheint sowieso eine zu spät kommende Best of-Sammlung zu sein. Mit ihrem ungetrübten Eifer erzeugen sie oft subtile Bierzeltstimmung, man kann den Alkohol und Spaß bei der Produktion im Studio Brunnenstraße richtig riechen und hören.

Echt lebendig werden die Stücke, wenn eben die lustig-schrägen Bläser mithupen oder wenn auf Seite zwei der „Emax“ mitmischt. Besonders in dem russisch eingefärbten „Tschaka“, für mich das beste Stück der ganzen LP. Natürlich benutzt auch Feeling B diverse musikalische Zitate. Da wird russisch geblödelt und gescracht („Lied von der unruhevollen Jugend“), Megaphon-Gesang, Beatles-Fetzen tauchen auf oder so manche Metal-Phrase.

 

Textlich will Feeling B keine allgemeinen Weisheiten verkünden, sie beschränken sich auf einzeln heraus gegriffene Themen, die sie schlagwortartig verhandeln. Inhaltsvolle Texte waren nie die Sache von Feeling B, eher schon das Fröhlichsein & Singen. Nun weiß ich, daß das alles Aljoscha (Rompe), Paul (Landers) und Flake (Christian Lorenz) nicht sonderlich kratzen wird, denn ihnen geht es um Spaß, Krach, wild times. Hauptsache derb, rauh, harsch, wirr und schrill! Ihr Motto: „Wir wollen immer artig sein, denn nur so hat man uns gerne!“ Recht so, Feeling B hatte es nie nötig, sich anzupassen. Sie machen lieber den Bürgerschreck. Haltung und Lebensstil der Band waren ja in „flüstern & SCHREIEN“ gültig zu besichtigen. Wirklich gut und anzuerkennen, daß die Berliner ihren Punk nicht dröge durchpoltern, sondern durch diverse Effekte und Spielereien variiert haben. Vielen wird die Platte sehr gefallen, manchen auch nicht, und ich weiß nicht, ob es ein Dazwischen gibt. Es ist auf jeden Fall wichtig, diese Platte zu kennen.

 

Ronald Galenza         Melodie & Rhythmus   Heft 2/1990      S. 15