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BERND BEGEMANN - Rezession, Baby!

(Rothenburgsort Rec./ EfA)

Rezession Baby.jpgAchtung Baby!, hier kommt Bernd. Mächtig, aber still. Immer auf der Suche nach dem gültigen Pop-Song. Begemann stand zuvor der gescheiterten Kapelle Die Antwort vor und sorgte sich um die Bewahrung des schützenswerten deutschen Liedgutes. Seine neuen Lieder bewegen sich irgendwo zwischen hilflos erscheinender Identitätsfindung und nie ankommen wollender Glückssuche einerseits und aufblitzender Genialität und hemmungsloser Offenheit andererseits. Was soll ich dazu sagen: kauzig, sublim, nostalgischen, eigen, trotzig? Hier werden schnurrige Lebensentwürfe hörbar, da singt einer den gruselig normalen Alltag und spielt die Maultrommel der Banalitäten. Der Alltag schlägt hier sowieso voll durch, so gibt den heute keiner mehr: kleine, trotzige Geschichten, die so jeder schon erlebt hat. Was ist das, Weisheit oder Verzweiflung? Begemann hat sich in seiner Hamburger Küche einen Tee aufgesetzt, die Zwanzigtausend-Mark-Produktion agbesagt und losgespielt. Der Kühlschrank brummt zur Akustischen, die Beatbox klopft zur Küchenuhr kecke Zeilen wie "ich sagte, Jochen sieh es am so, ich bin Godard und du bist Truffaut". Mit Distelmeyer scheint er sowieso Probleme zu haben, denn der taucht des öfteren beneidet auf. Wenn uns Begemann aber den Jonathan Richman macht, wird es wirklich grandios. Tatsächlich eine seltsame, schöne Platte. Gut, daß sich das noch einer traut.

Ronald Galenza Juli/August 1993 NMI & Messitsch Berlin S. 69