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Kolossale Jugend – Leopard II

(L’Age D’Or)

 

Der Leopard gilt als heimtückisches, angrifflustiges Tier. Der Leopard ist ein heimtückischer, angrifflustiger Panzer. „Leopard II“ heißt die 2. LP der Kolossalen Jugend aus Hamburg. Wurde schon ihr Debüt „Heile, heile boches“ lobend aufgenommen, zählt „Leopard II“ wohl zu den ernstzunehmendsten und wichtigsten deutschen Produktionen derzeit überhaupt. Auf dem Label L’Age D’Or haben sich junge Bands versammelt, die Eigenes wollen und die die aktuellen Entwicklungen in deutschen Landen schon genauer, kritischer und ernsthafter verfolgen. Deshalb ist die Kolossale Jugend als Kernpunkt des Labels noch lange keine Polit-Rockband, eher das gelungene Konglomerat aus bedeutsamer Musik und eigenwilligen Texten.

 

Am Anfang war Musik. Ich habe mich zuerst also nur von der griffigen, unbändigen Musik packen lassen. Da variiert die Kolossale Jugend mittlerweile auch mehr, Breaks, Verschleifungen, Ecken, Stop & Go und ruhige Stücke. Unklar bleibt, warum das Label die Texte als „für verklemmte Intellektuelle bestimmt“ deklariert. Zwar ist Sänger Kristof Schreuf von Benn, Trakl und Stohschein beeinflußt, er bietet nichtsdestotrotz explorierte Lyrics an. Klar, daß keine fertigen Wahrheiten oder konsumierbare Botschaften angeboten werden. Schreuf arbeitet gern mit Andeutungen, Verkappungen und Brüchen, läßt damit aber Raum für eigene Deutungen. Nun kann man diese Musik aber nicht mit dem Textheft vor der Nase hören, denn Gitarrist Pascal Fuhlbrügge sorgt mit seinen Ideen schon für einen knackigen, pulsenden Beat. Es geht ihnen um Stolz, um Energie und den Spaß am eigenen Lärm. Wahrlich kolossal, diese Jugend.

 

R. Galenza   NMI – Europa Rock Zeit  10/1990   S. 8