ROSENGARTEN & B. CROWN 

 

Da sitz ein Typ auf dem Sofa, er zerknautscht sehr nervös das herumliegende Kinderspielzeug – einen Beißring! Er sagt: „Wenn ich nicht so doof wäre, würde es schon ne geile Band sein.“ Doof meint hier nicht fehlende Intelligenz, sondern „meine Unfähigkeit, mit den Menschen umzugehen. Das ich die Sache vielleicht zu tyrannisch betrieben habe.“  Genau diese Haltung führte im Herbst 1986 zur Trennung von Rosengarten. Denn wenn Alex ein Band hat, dann richtig; dann ist es SEINE Band, treibt er an und fordert.

Dieses Forderne hat Rosengarten Anfang 85 erst auf den Weg gebracht. Vorher war es nur Hobbymusik, die ein paar Salzwedler zu Parties unter dem Namen Art of Steel mehr zum eigenen Spaß fabrizierten. Erst als Fütterer, Thöni und Peggy zu Alex stießen und der der ganzen Sache Richtung und Konzept gab, kamen Gedanken an eine funktionierende Band auf. Der damalige Abiturient Torsten Füchsel, genannt Peggy, schildert: „Ich war ganz glücklich, den ersten Punk von Salzwedel kennenzulernen.“  Zu diesem Zeitpunkt kam Kirsten hinzu, die besaß eine echte E-Gitarre und deshalb gab Alex die Anweisung: Peggy an den Baß! Dies sollte sich als folgenschwerer Fehler herausstellen, denn Peggy ist einfach der bessere Gitarrist. Alex brachte Texte ein und verdrängte Fütterer alsbald vom Mikrophon.


Wenig später hieß die Band Rosengarten und feierte erste kleine Erfolge in Berlin. Dennoch, die inneren Widersprüche wuchsen. Die beiden Ränder – hier hohe Anforderungen, da Hobbymusik – fransten aus, der Zerfall dieser Rosengarten-Formation war vorprogrammiert. Alex wechselte nach Berlin, in der Hoffnung mit Musikern von Aufruhr zur Liebe und Hard Pop ein gemeinsames Projekt zu entwickeln, was aber nie zustande kam. Kirsten zog sich immer mehr zurück, bis sie schließlich nach Amsterdam auswanderte und dort im Umfeld von The Ex seßhaft wurde. Dennoch, Rosengarten machte weiter. Helge Semlow, kurz zuvor eingestiegen, „denn er hatte sich ein gutes Keyboard gekauft“, übernahm den Gesangspart und seine Gemahlin Marion den Baß. Nun endlich konnte Peggy mit der Gitarre seine Idenn besser einbringen. Noch immer bewegte sich ihre Musik zwischen Pogo-Punk, Einstürzenden Neubauten und Dark-Wave als reiner Freizeitspaß. Deshalb war und ist die Band nur sehr selten live zu erleben.

 

Der ruhige, auf der Bühne zurückhaltende Peggy ging dann auch nach Berlin, und das war die Geburtsstunde von B. Crown! Gemeinsam mit Alex erarbeitete er neue Songs. Sie suchten zwei Mitstreiter und fanden drei: Felix am Baß, Scholle an den Fellen und Alexandra Dimitroff mit Cello. Die konzertante Düsterrock-Band, ebenso wie Rosengarten nach einem Bauhaus-Song benannt, hatte aber diverse Probleme, diese Besetzung brach bald wieder auseinander. Mit neuen Leuten, Peter Miething (dr) und Herrn Habetha (b) kam frischer Wind in die Combo. Überhaupt scheint B. Crown jetzt eine richtige Band zu werden. Aber da ist wieder Alex’ Problem: seine Band sollte möglichst alles genau so machen, wie er es will. Ergebnis der Querelen, die wochenlang nicht diskutiert wurden, war der große Krach kurz vor ihrer Polen-Tour. Der hat aber nicht zum Bruch geführt, sondern zur Klärung der Verhältnisse. Alex hat sich zum Beispiel damit abgefunden, daß Peter auch noch bei Iron Henning trommelt und er will auch seine Ansprüche an sich und die Kollegen mehr kontrollieren. Allerdings schreckt ihn die Aussicht, daß Peggy gleichzeitig wieder Mitglied bei Rosengarten werden könnte. Er hat zweifellos recht, wenn er meint: „Du kannst nicht deine Kreativität fifty-fifty auf beide Bands aufteilen. Da kommt es halt drauf an, die eigene Band so attraktiv wie möglich zu machen.“


Die Rosengärtner sprachen im Interview weit weniger offen über ihre bandinternen Probleme. Die werden aber klar, wenn man weiß, daß zwei Mitglieder nach Berlin ziehen wollen, einer aber auf jeden Fall in Salzwedel bleiben wird. Ähnlich geht es dem neuen Gitarristen Maik Bäcker, der extra aus der Großstadt Halle weggezogen ist, um bei Rosengarten einzusteigen.

Die Salzwedler Independent-Rocker schätzen sehr die Musik des britischen 4 AD-Labels, aber bei ihnen geht es schon mehr ab. Sie glauben: „Die Leute wollen sich bewegen, tanzen. Viele wollen einfach die Baßtrommel hören.“ Natürlich alles etwas düster und gequält, das kommt vielleicht von der Konfrontation mit dem stetigen Verfall des einst so putzig-schönen Salzwedel.

B. Cronw haben es derweil geschafft, auf dem nächsten Kleeblatt-Sampler, der im Juni 1990 erscheint, vertreten zu sein. Aus dem einen Ärmel schütteln sie rockige Tanzsongs, aus dem anderen rhythmisch-harte Stücke. Damit bespielen B. Crown einen gesicherten Mittelfeldplatz. Ihr Credo: „Wir sind eine Band, wir kommen zusammen, um gemeinsam Musik zu machen. Das ist unser gemeinsamer Nenner, wenigstens für die neunzig Minuten da vorn auf der Bühne.“  Ihr Sound wirkt dabei manchmal spielerisch, manchmal karg, irgendwie unprätentiös. Ein Weg, den man nehmen könnte.

 

R. Galenza      Art & Action    April 1990