Big Savod & The Deep Manko - Der tip TIP
"Wir bewegen uns immer mehr vom Wave weg, hin zu den Wurzeln des Rock. Dabei meinen wir Rock im Sinne von R.E.M.", erklärt Reinhard Grahl. Er schuftet seit Anbeginn am großen Werk namens Big Savod. Los ging es vor Jahren im idyllischen Meißen an der Elbe, als Reinhard Grahl (voc, g), Andy Maier (voc, b) und Vinco Hake (dr) in einer leerstehenden Garage Punk und New Wave für sich entdeckten. Vorher lebten sie in der fernen Radio-Welt der Beatles, Doors und Stones, die ihnen bald nicht mehr ausreichte.
Meißen wurde schnell zu eng und muffig; Berlin lockte unwiderstehlich. Hier angekommen, bekamen sie anfangs kein Bein auf die Erde und keinen Stecker in die Amps. Die Band war kurz vor dem Auseinanderbrechen. Damit nicht genug, auch das ganz normale Leben zeigte von seiner gnadenlosen Seite. Die drei Sachsen kampierten anfangs in einer chaotischen WG, die dann in den Wirren des Herbstes '89 von der damaligen Volkspolizei und der Stasi geräumt wurde. Grund: Reinhard Grahl hatte sich an einer Rocker-Resolution gegen die alten Männer des Regimes beteiligt. Nach tagelangem Verhör durfte er dann wieder zurück ans große Werk.
Um neue Sounds auszuprobieren, verstärkten sie sich mit Saxophon (Norbert Knaack) und Akkordeon (Jörn Rohde), was der Band zu ihrem so eigenwilligen Charme verhalf. In kurzer Zeit erspielte sich Big Savod den Ruf einer begeisternd-frischen Live-Band, deren eingeschworene Fan-Gemeinde nach jedem Gig an Zuwachs gewinnt.
Big Savod sind längst eine feste Größe, wollen aber, obwohl sie da wohnen, nicht unbedingt von der sogenannten Prenzlauer Berg-Szene vereinnahmt werden. Mit ihrer stimmigen Mischung aus Folk-Rock, Ska- und Beat-Einflüssen und hurtigem Gitarren-Pop beweisen sie kundigen Sinn für ausgeschlafenes Songwriting.
Erste Erfolge stellten sich ein, so die Sampler-Beiträge für "All tomorrows parties", die John-Lennon-Compilation und ihre beschwingte Maxi "Ladies". Gerade waren sie gemeinsam mit Leeman auf ausgedehnter und erfolgreicher Club-Tour durch den Osten Deutschlands. Konzerte vor fünf-, sechshundert Fans waren da keine Seltenheit. Pikante Bemerkungen von Reinhard und wohl gängiger Spruch unter gestandenen Bands aus dem Ostteil der Stadt: "Wenn du einen billigen Support-Act brauchst, ruf einfach in West-Berlin an..."
Aller Häme zum Trotz gehören Big Savod eher zu den netten Jungs, die sehr genau wissen, was sie wollen. Wegen bandinterner Differenzen sind jetzt die Herbst In Peking-Musiker Alex Istschenko (git) und Torsten Ratheischak (key) neu dabei, weil die eben mehr Songverständnis mitbringen. Nach zwei erfolgreichen Auftritten während der "Pop-Komm" in Köln, steht für den Herbst die Produktion der ersten LP an. Man schafft sich also eifrig im großen Werk, und dies ohne viel Manko.
R. Galenza Oktober/1991 TIP-Stadtmagazin Berlin 19/91 S. 198