Marusha - Eine Art Ersatz-London

Gerade erst aus Nürnberg nach Berlin umgezogen, moderiert die 24jährige Marusha bereits eine eigene Radio-Show auf DT 64 (Dance-Hall, samstags 19-20 Uhr) und zählt zu den strahlendsten Erscheinungen der Berliner Dance-Szene. Tip-Autor Ronald Galenza unterhielt sich mit Marusha.

Dein Einstieg in Berlin verlief ja ziemlich furios. Hattest du zuvor in Nürnberg auch schon den Groove im Körper?

maru.jpgMarusha: Ich bin jetzt schon ziemlich lange auf diesem Musik-Film. Mit 17 habe ich in Nürnberg die erste House-Party organisiert, so richtig warehouse-mäßig. Das hat voll gebeamt! Ich war mit 16 das erste Mal in London und das hat mich abgöttisch angemacht, die Leute, die Szene, diese Offenheit da. Ich bin so oft wie nur möglich nach London rüber, diese Stadt ist wirklich pumkin' and kickin'! Ich bin durch die Stadt gezogen und habe Platten gekauft. Das wollte ich dann auch in Nürnberg umsetzen. Ich hab' erst House-Parties in Schwimmbädern, in Wohnungen, in Hallen und auch draußen auf Wiesen abgezogen. Ich habe hundertprozentig den Tekkno in die Stadt gebracht, aber ich bild' mir da nix drauf ein, es ging um die Sache. Nachher bin ich mit einem Freund in so eine ehemals anrüchige Bar eingestiegen, die war sehr plüschig und sehr rotlichtig. Da haben wir eine feste House-Discothek aufgebaut. Ja, so fing es an.

Du bist im November letzten Jahres nach Berlin gezogen, hattest du denn schon vorher zur Dance-Szene hier?

Marusha: Die Kontakte nach Berlin habe ich eigentlich über London bekommen. Ich habe viele Berliner auf Parties drüben kennengelernt. Ich war dann oft in Berlin und Frankfurt. Frankfurt hat zwar eine rege Szene mit interessanten deutschen Techno-Acts, aber es ist mir zu deutsch. Ich bin einfach viel zu sehr eingeenglischt. Da gefiel mir Berlin immer viel besser. Berlin ist für mich so eine Art Ersatz-London, obwohl London natürlich London bleibt. London ist sehr schnell, es kann dich alt und kaputt machen. Es flasht dich um!

Wie empfindest du denn Berlin heute, gibt es hier eine aktive, lebendige Dance-Gemeinde?

Marusha: Auf alle Fälle! Ich glaube, Berlin war noch nie so spannend. Wenn in einer Stadt Dance-Läden zumachen, sind Löcher da, obligatorische Gewohnheitslöcher. Dadurch entstehen aber wieder viele neue Initiativen, es werden andere Parties organisiert. Und auf Parties entwickeln sich die meisten Trends und Ideen, da kommt die bunteste crowd zusammen. In den Clubs ist es oft sehr festgefahren und dadurch langweilig. Berlin ist jetzt darauf angewiesen, spontan zu sein.

Du hast seit einiger Zeit eine eigene Radio-Sendung. Wie siehst du denn die gegenwärtige Lage für Dancefloor in den Medien?

Marusha: Die Sachen werden ja gespielt, du hast Dance-Music bei DT 64, bei Radio 100 oder auch bei Radio 4U. Unsere Musik wird gefeadchert, es ist ja nicht so, daß die Stadt schläft.

Wie kam es eigentlich zu dem Kontakt zu dem in Ost-Berlin sitzenden DT 64?

mar.jpgMarusha: Na, über eine Party! Ich kam da ins Gespräch mit Frank Menzel, der sich da viel um die Dance-Sachen kümmert. Er fragte mich einfach, ob ich nicht Lust auf Radio hätte. Wir sind dann ins Studio gegangen und haben es probiert. Ich hatte ja noch nie vorher Radio gemacht, aber es hat sofort geklappt. Und es ist toll, ich bekomme Post aus Hamburg, Bayern, der ehemaligen DDR und Nürnberg, da hören 70 Leute immer regelmäßig. Die Leute bedanken sich, aber es kommt auch Kritik, das finde ich noch viel besser. So kannst du weiter lernen, Erfahrungen sammeln. Ich bin so glücklich, im Radio gelandet zu sein, aber ich will gar nicht im Mittelpunkt stehen, es geht doch um die Musik! Ich will einfach dieses Lebensgefühl on the air rüberbringen.

Ronald Galenza TIP-Stadtmagazin Berlin Mai