Zypern
Kurz vor uns waren schon die Perser, Griechen, die Römer, Ägypter und die
Osmanen da. Plötzlich war der Tank leer, wir hingen in den waldigen Bergen über
Famagusta fest. Wartend kauten wir den Schafskäse der griechischen Mönche, die
in ihrem Kloster des Ayios Andreas das Ende der türkischen Besetzung des Nordens
abwarteten. Man sieht ihnen die vielen Jahre an: stolze, gegerbte Gesichter mit
grauen Bärten und wachen Augen. Sie retteten uns mit Benzin und Palmwein.
Apostel Andreas soll auf seiner Reise nach Kleinasien hier Schiffbruch erlitten
haben. In einer anderen Version erzählten sie uns, dass Andreas dem Kapitän
prophezeite, er solle dort an Land gehen und er würde sein blindes Auge wieder
sehend machen können. Das einst stolze Famagusta lag welk am Meer, türkische
Armeeposten kontrollierten barsch die Zugänge. In der Markthalle von Nikosia,
neben einer zur Moschee umgebauten alten christlichen Kirche, schunkelten wir zu
Sousta-Tänzen und Melonen. Das einst wuchtige Stadion verfiel, an der die Stadt
zerreißenden Mauer langweilten sich einige, wenige UN-Posten aus Belgien. Wir
schnorrten Zigaretten und sahen zu, daß wir Land gewannen.
Wir setzten über nach La Valetta, dem alten Agenten-Nest. Glorreiche Festung
gegen alles Unbill von außen. Unser Bootsführer zeigt uns die konspirativen Molen
und versorgte uns mit Aquavit. Die steilen Gassen nahmen uns gefangen, in
zwielichtigen Kaschemmen lauschten wir den Gerüchten der Meere. Von fern
sangen die Glocken von Victoria in das Morgengrauen, wir halfen der Sonne, einen
neuen Tag zu gebären. Auf Gozo zechten wir mir Odysseus, der hier irrlichternd an
Land ging und verwirrt nach dem Weg fragte. Wir wiesen ihm alle vier
Himmelsrichtungen.
© R. Galenza