Ägypten

 

Wir dümpelten auf einem brackigen Holzschiff und lauschten den geduldigen Gesängen des Nil. Ein

Urwasser aller Gezeiten, der längste Fluss der Erde. Er müht sich durch den subtropischen

Trockengürtel ehe er sich unweit von Kairo im Mittelmeer verliert. Sein dunkler Schlamm gab Ägypten

einst den Namen „Kemet – Das schwarze Land“. Unser Matré sprach mit den Sternen. Der Tee

schmeckte nach Märchen. Wir suchten Das Haupt des Nichts, das Fruchtbarkeit versprach. Um uns

Jahrtausende altes Wissen. Alter Stein voller Bilder und Zeichen.

 

In der Libyschen Wüste waren wir im Banne des Kalifen. Karges, geborstenes und endlos leeres Land,

leblos scheinbar. Die schwerbewaffnete Eskorte auf siechen Militär-Krads begleitete die Busse der

internationalen Touristen auf ihrem Weg durch den Staub. Keine Ahnung, was der Fahrer getankt hatte

- Angst oder Wahnsinn. Auch Drogen gabs hier billig.

 

Mit einem Höllentempo kurvte er die engen, kurvigen Straßen durchs stumme Sandmeer. Manche

kommen nie zurück von so einer Passage. Die Kräder knatterten lauter als die öligen AK 47. Zur

scheinbaren Beruhigung dudelte der Malouf. Bei einem Stop an einer kuriosen Tankstelle aus Rost sang

Oriental Pop aus erhangenen Lautsprechern gegen den horizontweiten Sand an. Im Roten Meer

machten wir nicht den Toten Mann, denn dieses Meer war voller Blut im Namen der Religionen.

Stahlungeheuer trommelten Sperrfeuer aus allen Sonnen. Alte Schulden und frisches junges Blut. Jeder

starb hier für seinen eigenen Gott. Eine Blume aus Haß. Nichts versöhnt die Zeit.

 

© R. Galenza