Burma

 

Hier ist Dunkelheit noch dunkel. In der lichtlosen Nacht Ranguns stolpern wir über knochenbrechenden

Geh-Ruinenlöcher. Es ist stockdusterfinster, selbst die Notstromaggregate schweigen leblos. Auf der

anderen Straßenseite fahle, blinde Funzeln. Plötzlich: SAAATAAAN!! Ohrenbetäubender Heavy Metal

röhrt los, wo dengelt das her? Burmaesker Widerstand in der Nacht? Wir sehen nichts, das aber

sehr laut, sehr intensiv. Geht’s gegen die Militär-Diktatur, die Sex-Industrie oder alles?

 

Töne, Geräusche, Klänge, Laute, Leise, Gesänge rings und allgegenwärtig. Immerwährend. Ein

köstliches Dauerrauschen. Die wandelnden Wasser-Weiber an jeder Ecke schlagen rhythmisch mit

Plastebechern auf ihre Töpfe, um Durstige anzulocken. Jede rotierende Zuckerohrpresse verfügt über

mindestens ein singendes Glöckchen, das an buddhistische Gebete gemahnt. Die Trishaw-

Seitenfahrräder gebrauchen wunderbar warme Klingeln, meist mit glänzendem, goldenem Anstrich.

 

Die mobilen Stände voller frisch röstender Erdnüsse überm Feuer werben mit einem langen, klagenden

Hupton, der eher von Sehnsucht kündet statt von Appetit. Der werbende Singsang der Trockenobst-

Verkäuferinnen, die ihre Ware geschultert in zwei Bastkörben, die an einer langen Bambusstange

baumeln, laufend anpreisen. Eine singend-rufende Frau mit dem Korbtablett auf dem Kopf, die durch

die Straßen und Gassen wandelt und Babynahrung vertickt. Andere sind gekommen um einzusacken:

die Müllsammler schlagen anhaltend ein laute, klare Glocke. Beleibte Frauen aus dem Einzelhandel

stehen rufend in den Gassen und singen die Fenster an. Die Bewohner kennen jeden Ruf, jedes

Geklingel, jeden Laut. Ein munteres Gesumm aus Gebrumm. Nichts für tumbe, taube Touristen. Wir

schweigen betört.

 

© R. Galenza