Zyklische Sklaven des Barock
Ich war: Geier der Eier in den Gärten der Gunst. Zuviele Günstlinge - schwer vermittelbar. Kein Esprit im Schoß des Vertrauen. War Mystiker der maroden Myriaden. Krönungshaupt der koketten Kotletten, Präsidialer des Pops. Verfall allerorten. Oder: knackige Gedanken und das klammheimliche Verschweigen. Willige Willkürherrschaft. Abteilung: Geheimwissen. Ich sollte nicht soviel reden. Mobilisierende Tugend, raschelende Rhetorik, die jeden und alles meuchelt und erschlägt. Radikaler Liberalismus oder moderne Moral? Das Sägen der Sirenen. Singsang des Simplizissimus. Hysterische Diven der Dialektik oder hodenlahme Hermeneutiker?
Die feisten Fressen schwollen. Unzucht im Unterholz. Marodierende Ich-AG's moderierten, dem Kapital-Individualismus schwoll das geliehene Sakko. Die Fäuste flogen. Im morschen Gebälk der Überlebenskunst. "Humana" "Humana" keiften die mittelosen Zweifler. Ein Überdruß-Gewitter aus kopierten Lügen. Bestellte Meinungen von Männern ohne Eiern. Wir flexten sie weg. Kein Erbarmen. Die Generation Golf. Selbstverliebte Gernegroße, die geliebt werden wollen. Oder was beweisen müssen. Genicke gingen baden. Geschicke flöten. Gotische Träumereien.
Wir kauften Seelen en gros. Haussierten mit der Baisse. Kannten uns aus in Schicksalen und Schikanen. Brachialer Barock, dieses opulente Schwelgen in allem. Die Krone der Er-Schöpfung. Ein Blutbad aus Bäuchen & Banalem. Rosen & Rosenkranz hatten wir dabei. Schmerzensreich und salbungsvoll. Glorreiche Zyklen. Zyklische Huldigungen. Gift & Galle waren im Haus. Säten Verderben. Ein Staunen. Ein Hoffen. Ein Scheitern für immer. Die kleine Mathematik der Geheimnisse. Die komplette Verlierer-Kacke. Psalme und wasserdichte Ausreden in einer Provin-Posse.
Die Konsequenz der Inkontinenz: wiedererwachte Sehnsucht nach Feuer, Wasser und Posauen. Oder Himmel und Hölle. Wüsteneien aller Gefühle. Der Direkt-Import aus Fegefeuer und Reinigung. Zu spät, ihr Lakeien! Wir gingen tanzen bei den Labanzen. Eine Quittung der Qualen, eine Abrechnung aus den Abteien der Arroganz. Ein Memorandum der Mißwirtschaft. Natürlich ohne Haftung, dafür Verhaftung inklusive. Die Offensive der Exekutive. Fallbeil & Schafott. Kleinkunst der Rache. Oder das ganze Ballet. Große Oper! Ich blieb unterwegs. Schmuggler der Sehnsucht, ein Akt der Liebe. Ein eleganter Trugschluß. Mein Schatten floh. Niemand weiß wohin.
Vielleicht war die Welt noch nicht soweit. Berühmte letzte Worte. Raus aus dem Schoß des Vertrauens. Die Rache des Verdrängten. Schatten werfen keine Schatten, oder? Die Füße lahmen, die Berge gähnen. Bleiben oder untertauchen? Der immer währende Weg durch Regen und Asche. Morjen Sonne! Wir waren euphorisch und wußten nicht was wir tun. Wollten durch Feuer laufen, aber es war nicht so leicht glücklich zu sein. Wir dealten mit Meditation und Seelen, unseren eigenen. Hohe Preise waren nicht drin, zuviel Hysterie. Wir blufften nur und hatten nichts zu verkaufen. Außer Orientierungslosigkeit und Angst.
Ein paar Meerjungfrauen sind über. Die tanzen, plötzlich ist alles einfach. Wir zauberten füreinander und hauten uns die Taschen voll. Haß und Streit waren außer Haus, zugefrorene Seen. Schöner Frost in allen Fenstern. Manche von uns fallen mit der Tür ins Haus, andere gehen still in den See. Ich wollte Leuchtturm sein. Mann könnte verzweifelt sein oder allein. Eine Sehnsucht nach Erkenntnis. Überlegenes Grinsen aus Scheitern? Dieser Schmerz in euch, das war ein langer Weg ins Tal der nackten Männer, an die Quellen der Gunst.
Ich erinnere mich an die Worte, die Momente. Wir waren da, wo es passiert. Unschuld is over. Jeder Morgen als neue Chance oder Abschied. Ich hab aufgehört wegzurennen, genieß jeden Augenblick. Der Mittelstürmer geht immer dahin wo es weh tut. Ein Schwarm Vögel und die Dämmerung machen mich zu dem was ich bin. Wir sollten aufrichtig sein, auch wenn keiner weiß, wie das gehen soll. Als Meister der Oberfläche. Das macht mich schüchtern und fremd. Aber es gibt Vergehen und es gibt Schuld. Manches bleibt, manches verschwindet, manchmal kann man noch zurück. Da waren sometimes Zweifel, aber keine Ausreden mehr.
Die Worte wurden alt. Die Ignoranz ist längst Marktführer, man leistet sich eine Pop-Melancholie. Ich denk an euch, wie es wirklich war. Wir sind autopoetische Systeme, die sich ihre Welt selbst erschaffen, um sich darin einzurichten. Jetzt hat alles seinen Platz. Und es war schön. Weder das Gute und das Böse sind umsonst geschehen, denn das Leben hat uns in den Arm genommen. Wir schweigen beklommen.
r. galenza 3.11.2002