JAMES - Millionaires
(Mercury Records)
James! Ja, Sir? Du kannst jetzt den Pop reinbringen! Jawohl Sir. Aber James, denk bitte an deinen Fred Astaire-Anzug. Sicher Sir. Eine neue Platte also aus dem englischen Hochadel des Pop. Es ist als ob ein langer Brief von einem lange verschollen, guten Freund eintrifft, irgendwo aus der weiten Welt da draußen: Gute Nachrichten, schlechte Neuigkeiten, wärmende Gefühle, abstoßende Litaneien und sonnige Erinnerungen. Dinge, die einem nicht wirklich gefehlt haben oder deren Abwesendsein einem gar nicht richtig auffielen, nun aber, wo sie wieder zurück sind, möchte man sie auf gar keinen Fall mehr hergeben. Ironischerweise nennen James ihr jüngstes Baby “Millionaries” und spielen damit gekonnt auf ihren eigenen Bankrott und Insolvenz an. Denn die Band war nach desaströsen Steuernachfoderungen so gut wie mausetot und zerstritten. Also wurde im letzten Jahr erstmal eine Best of-Compilation zur Sanierung rausgetan und nun die alte, herzensgute Güte und Noblesse in neue, strahlende Songs umgewandelt. Wie machen die das nur, wie schüttlet man solche grundguten, wärmenden und entspannten Songs aus seinem Innern ”just like Fred Astaire”? Dessen gutgelaunte Beschwingtheit schimmert hier überall durch, wohl auch ein Verdienst ihres Produzenten Brian Eno. Die elf Songs wirken wie poliert und umschmeichelt, “Strangers” läßt lässiges Schunkeln zu und “Hello” bricht einem das Herz durch sanfte Anmut und diffuses Erinnern an all die gescheiterten und zu schnell aufgegebenen Beziehungen. Zum candyesken Nachmittagstee lädt man sich dann noch gute Freunde ein, so dürfen hier Sinhead O’Connor und Jamie Catto von Faithless dezent mittun, müssen dann aber bald wieder gehen, wenn Sänger Tim Booth zur großen Geste und imposanten Tragödie ausholt, die selbst seinen alten Butler noch zu Tränen rühren.
james galenza
Januar 2000 ZONIC Greifswald