TOM ROBBINS - Villa Incognito
(Rowohlt Verlag, Reinbek 2005, 278 Seiten, 14,90 Euro)
Robbins lebt in einem kleinen Fischerdorf bei Seattle. Er liebt literarische Anarchie, mit Riesenspaß am Chaos da heraus beschreibt er lustvoll die bunte Vielfalt des Lebens. Er hat sich Absurdität auf die Fahnen und in seine Texte geschrieben. Er selbst meint darüber: "Humor ist sowohl eine Form der Weisheit, als auch ein Mittel zum Überleben. Eine komische Situation ist oftmals die hoffnungsloseste aller Situationen. Humor gewährt so Zugang zur größtmöglichen Ernsthaftigkeit."
Diese Buch fängt etwas seltsam an. Ein Tanuki, eine Art Marder-Windhund, landet mit seinen dicken Eiern als Fallschirm auf dieser Erde. In Asien. Dort kumpelt er mit einem Wolf, Bote der Götter, herum und klaut reichlich Reiswein bei den Menschen. Als er dann auch noch Landmädchen zum Sex überredet, wird es echt kryptisch. Aber immerhin zeugt er so eine der Hauptfiguren des Buches. Robbins schreibt aber eigentlich über seine Heimat Amerika, das "seit gerade mal zweihundertfünfundzwanzig Jahren existiert" - und das viel ältere Länder wie Vietnam oder Laos nur belächeln können. Und damit beginnt der endlich Roman wirklich.
Bei Robbins geht es wie so oft um Liebe, Drogen und den Rock 'n' Roll des Lebens. Aber auch um Weisheit, Geschichte und Landeskunde. Er erzählt die Geschichte von drei -MIA-, Vietnam-Veteranen "Missing in Action". Und damit geht es auch um Traumata, Verdrängungstaktiken und um Aussteigerszenarien. Denn diese drei führen schon während ihres aktiven Einsatzes in Vietnam ein eigensinniges Leben, um militärische Regeln scheren sie sich nicht sonderlich. So nutzen sie auch eine Militär-Maschine, um für immer im dichten Dschungel zu verschwinden. Sie schlagen sich nach Laos durch und errichten dort die "Villa Incognito", ihren geheimen Unterschlupf und ihr Aussteiger-Paradies.
Ihre grüne, vitale Villa der Sonderbaren ist nur über ein dickes Stahlseil über eine tiefe Schlucht voller Tiger zu erreichen. Nicht ganz uneigennützig siedelt sich deshalb im selben Dorf der laoitische Staatszirkus an. Die Hausherren leben vom Handel mit Drogen und Edelsteinen und halten den Dienern und Konkubinen erhellende Vorträge über die Präsenz des Absoluten. Zwischendurch geht es mal rüber in das Sündenbabel von Bangkok, wo jede Menge Ex-CIA-Leute und andere Freaks ihre undurchsichtigen Spielchen betreiben.
In dem weit abgelegenen, laotischenen Bergdorf wächst auch die Tochter des frivolen Tanukis vom Anfang des Buches auf. Sie wird zum Bindglied zwischen den drei Ex-Soldaten, und trägt ein seltsames Geheimnis in sich. Robbins Sympathie ist klar auf der Seite seiner tragikomischen, eigenwilligen Helden, die man im Laufe des Romans sehr schätzen lernt. Ein schräges Buch, das etwas schwer in die Geschichte kommt, dann aber viel zu schnell endet. Und nicht ohne Grund endet "Villa Incognito" nach einigem Chaos am 11.9.
Ronald Galenza 4.4.2005