KAI PANKONIN - Keynkampf

Keynkampf.jpg"Ich gebe euch ein Buch, das die Möglichkeit beschreibt, zu leben, ohne zu kämpfen", rekapituliert Kai Pankonin am Ende seines Buch-Debüts "Keyn Kampf" (Unabhänige Verlagsbuchhandlung Ackerstraße). Pankonin gehört zur Prenzlauer Berg-Musikszene, er ist der charismatische Sänger der Trashfood-Punk'n'Roll-Band, wie er sie selbst bezeichnet, ICH-Funktion. Und er schreibt Texte für die Inchtabokatables, Die Firma und andere mehr. Sein Buch steht in der Tradition der Ende der Siebziger in Großbritannien vermehrt auftauchenden Punk-Bücher, die weniger Literatur als Lebensbeschreibung sein wollten.

Pankonin, 1962 geboren und in den Platten-Silos am Rande Berlins aufgewachsen, erzählt ganz unspektakulär seine eigene Geschichte zwischen Punk und DDR-Sozialismus. "Menschen, die unfähig waren, sich um ihre Belange zu kümmern, wurden als Kinder der Gesellschaft behandelt und von ihr durchgefüttert und weitergeschleppt", so sieht er das heute. Hier findet man keine hohe Literatur, sondern die unaufdringlich niedergeschriebenen Erfahrungen eines Dreißigjährigen, der stets auf der Suche nach sich selbst ist. Immer wiederkehrende Motive sind Schmerz, Unsicherheit und Sehnsucht. "Punk bedeutet für mich die Sprache der inneren Emigration", reflektiert er.

Die Sex Pistols waren sein musikalischer Schock, in den Pausen in der Berufsschule spielte er seine ersten eigenen Songs. Im ehemaligen Szenetreff, dem Cafe "Posthorn", lernte er die Ostberliner Szenegrößen kennen, die ihn ermutigen zu schreiben. Innerlich zerrissen von NVA-Dienst und Drei-Schicht-Arbeit einerseits und dem rauschhaftem Punk-Leben andererseits, unternimmt er mehrere Suizidversuche, überlebt und erklärt: "Ich kann doch nicht wissen, ob und wann die nächste Wende kommt. Ich bin vorsichtshalber asozial geworden."

Eine Schwäche seines Buches ist allerdings die nicht tiefer gehende Auseinandersetzung mit der Stasi-Durchdringung auch dieser, seiner Szene. Einige seiner engsten Freunde wurden ja als aktive Spitzel enttarnt, Pankonin beläßt es leider bei nebulöser Verdrängung. Auch sind für Außenstehende die Szene- und Personenbezüge nur schwer zu durchschauen. Ansonsten ist "Keyn Kampf" ein lesbares Dokument aus einer verlorenen Zeit.

Pankonin - "Keynkampf" ISBN 3-86172-050-7

Ronald Galenza tip- Berlin Stadtmagazin 11/1993 S. 188